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Weihnachten.

«Fröhliche Weihnachten!» wünschen einander von Herzen die Deutschen vor und während dieses beliebtes­ten Volksfestes. Weihnachten ist mehrere Jahnhunderte alt. Es wird zwei Tage gefeiert, am 25. Und 26. Dezember. Am 24. Dezember ist der Heilige Abend (Heiligabend), an dem die Kerzen des Weihnachtsbaums angezündet werden. Beim Fest wird oft ein Lied gesungen und eine Weihnachts­geschichte vorgelesen. Dann wünscht man sich ein frohes Fest, und die Familienmitglieder beschenken einander. (Vorher legt man die Geschenke unter den Weihnachts­baum, es heisst, der Weihnachtsmann hat sie gebracht). Danach werden die Weihnachtsstollen angeschnitten.

Das Weihnachtsfest ist mit der Sonnenwende verbunden. In diesen Tagen wurde schon in der vorchristlichen Zeit der Geburtstag des Lichtgottes gefeiert, der die Natur zu neu­em Leben erweckt. Die alten Weihnachtsbräuche sind mit dem Streben der Menschen nach Licht und Wärme ver­bunden. Überall herrschte Friede und Waffenruhe, es sollte auch keinen Streit geben. Das Jahr 354 galt dann als Jesu Christi Geburtsdatum. Heute ist Weihnachten vor allem ein Familienfest, ein Fest des Friedens und des Lichtes, der Freude und des Glücks.

Zu den ersten Weihnachtsbräuchen gehören der Weih­nachtsbaum (Tannenbaum, jetzt auch Kiefer und Fichte) und der Weihnachtsmann: Der Weihnachtsbaum ist seit weni­gen Jahrhunderten bekannt (der erste wird 1737 erwähnt). Er wurde vor allem mit Lichtern beschmückt, die die Sonne, Schatz und Segen symbolisierten. Immergrüne Zweige sind Symbol der ewigen Lebenskraft. Seit dem 19. Jahrhundert werden die Tannenbäume mit Kerzen geschmückt. Zum katholischen Weihnachtsbrauch gehört die Krippe. Diese, in der Maria mit dem neugeborenen Jesus Christus und andere Bibelgestalten dargestellt sind, kann man überall sehen, auf einem großen Platz in einer Altstadt und in Fami­lienhäusern. Man kann auch ein Krippenspiel in Form eines Schattentheaters sehen. Die Weihnachtskrippe wurde erst­mals 1223 vom heiligen Franz von Assis aufgestellt. Er wollte damit zeigen, dass Christus arm und mittellos geboren worden ist. Zu diesem Zwecke legte er eine hölzerne Christ­kindfigur in eine Krippe (Futtertrog für das Vieh) und stellte die Geburtsszene nach. Sie wurde durch zwei Tierfiguren ergänzt, den Ochsen und den Esel («der Ochse kenne sei­nen Herrn und der Esel dessen Krippe»). Später kamen die Hirtenfiguren und die der heilige Drei Könige. Schon seit Anfang Dezember gibt es in jeder Stadt einen oder einige Weihnachtsmärkte. Dort sind Verkaufsständer, Buden, Karussels, Attraktionen, in verschiedenen Orten auch et­was anderes. An den Buden sieht man schönen Weihnachts­schmuck, überall herrliche Weihnachtssymbolik. Für groß und klein ist dieser Markt ein beliebter Treffpunkt. Hier gibt es eine Menge von verschiedenen leckeren Sachen sowie Glühwein, Grog oder Tee zum Erwärmen.

In großen Städten beginnen einige Wochen vor Weih­nachten die Lichtwochen. Alles leuchtet und glänzt, über den Straßen sieht man Lichtbilder von bekannten Mär­chengestalten, hier und da stehen große Bäume mit Licht­schmuck.

Zur kleineren Weihnachtssymbolik gehören Pyramiden, Lichterengel, Bergmänner und Räuchermännlein (Letztere sind kleine, innen hohle Holzfiguren mit einer Pfeife). Man stellt brennende Räucherkerzchen hinein, so dass der Ein­druck entsteht, dass die Figuren rauchen.

Viele Familien nutzen die beiden Feiertage zu Spa­ziergängen oder Verwandtenbesuchen. Das Festessen fin­det - oft mit Gästen - mittags am ersten Weihnachtstag statt. Früher wurde fast überall die berühmte Weihnachts­gangs gegessen. Heute folgen viele Familien dem ameri­kanischen Brauch und essen Truthahn.

Die traditionelle Weihnachtsspeise ist der Gänse­ oder Putenbraten (bei alten Germanen der Eber oder das Schwein), außerdem der Karpfen mit Salzkartoffeln (in Norddeutschland). Von süßen Speisen sind es der Pfeffer­kuchen (Kuchen mit Sirup oder Honig und vielen Gewürzen).

 

Ostern ist zwar das älteste christliche Fest, doch die Bräuche - zumindest in der Bundesrepublik Deutschland -gehen fast alle auf alte germanische Kulturen zurück, in deren Mittelpunkt die Frühlingsgöttin Ostara stand. Überall sind die Bräuche um Osterhasen, kunstvolle Ostereier, Osterfeuerund um die Heilkraft des vom Eise befreiten Wassers zu finden.

Zum Pfingstfestziehen die Harzer in ihr «Finken­manöver», denn die Finkenzucht ist dort ein alter Brauch. Vor den fachmännischen Augen der vielen Zuschauer er­mitteln die Züchter den am ausdauerndsten und melodiöse­sten singenden Finkenhahn.

Frühjahr, Sommer und der Beginn des Herbstes sind im bäuerlichen Bereich mit Arbeit ausgefüllt-unterbrochen nur von den Sonnwendfeiern, die natürlich im Gebirge am schön­sten sind, wenn abends auf den Gipfeln die Feuer lodern.

 

Fragen zum Inhalt:

 

1. Womit ist die deutsche Festkultur gekennzeichnet?

 

2. Welche große Feste feiert man in Deutschland im Herbst?

 

3. Welche Feste feiert man im Winter?

 

4. Wann und wie feiert man Weihnachten?

 

5. Was gehört zum katholischen Weihnachtsbrauch?

 

7. Welche Speisen sind traditionelle Weihnachtsspeisen?

 

8. Wann und wie feiert man Ostern und Pfingsten?


Vorlesung 13

Kulturelles Leben Deutschlands. Die Literatur

 

1.Das älteste Zeugnis deutscher Literatur.

2. Martin Luther als Bahnbrecher einer allge­meinen deutschen Hochsprache.

3. Berühmte Dichter und Schriftsteller Deutschlands.

4. Die deutschen Erzähler des 19. Jahrhunderts.

5. Einige junge Schriftsteller.

6. Deutsche Literatur der fünfziger und sechziger Jahren.

 

Deutschland gilt als das Land der Dichter und Denker aber auch der Musiker. Theater, Opernhäuser, Orchester, Museen, Bibliotheken, Kunstgalerien und Kunstsammlun­gen sind auch heute - wie in den meisten anderen Ländern - an vielen Orten zu finden. Die Kultur jedes Volkes beträgt Literatur, Musik, Malerei, Theater- und Filmkunst, Wissenschaft.

Als ältestes Zeugnis deutscher Literatur gilt das Hildebrandslied. Es erzählt die Geschichte Hildebrands, der seinen Sohn Hadubrand im Zweikampf erschlägt, er­schlagen muss, weil es die Ehe gebietet. Das Hildebrandslied wurde an den Höfen von fahrenden Sängern vorge­tragen. Namentlich bekannt sind die Autoren vom 12. Jahr­hundert an: Wolfram von Eschenbach, Walther von der Vogelweide, Gottfried von Straßburg schrieben Verse und Epen, häufig französischen Vorbildern folgend.

Immer hat die deutsche Literatur Anstöße von außen aufgenommen, Anleihen gemacht - die Humanisten der Renaissance entdeckten die griechische und die römische Literatur. Martin Lutherübersetzte die Bibel in die Volkssprache und machte sie so allen Deutschsprechenden zugänglich. Damit wurde er zum Bahnbrecher einer allge­meinen deutschen Hochsprache. Erst im 17. Jahrhundert bemühen sich Dichter wie Martin Opitz, eine deutsche Na­tionalliteratur zu schaffen. Doch lässt sich deutsche Litera­tur auch in der Folge nicht in die engen Bereiche der Na­tionalliteraturen eingrenzen; ihr Medium, die deutsche Sprache, war nie an Staatsgrenzen gebunden. Die Frage, ob ein Autor deutscher Sprache Österreicher, Schweizer oder Deutscher ist, kümmert den Leser wenig. Für Österreicher, Schweizer und Deutsche ist sie die Muttersprache; für Autoren anderer Herkunft ist sie Literatursprache. Die Dich­ter Rainer Maria Rilke,geboren in Prag, und Hugo von Hofmannsthal,geboren in Wien, und die Erzähler RobertMusil aus Klagenfurt, Thomas Mannaus Lübeck und Franz Kafkaaus Prag gehören gleichermaßen zur deutschen Li­teratur. Ohne die Schweizer Gottfried Kelleroder Max Frisch,ohne die Österreicher Ädalbert Stifteroder Tho­mas Bernhard,ohne den in Rumänien geborenen Lyriker Paul Celanund ohne Elias Canetti,der in Bulgarien zur Welt kam, wäre die deutsche Literatur nicht vorstellbar. Die Werke aller dieser Autoren sind wesentliche Beiträge zur deutschen Literatur. Der folgende kurze Überblick wird sich jedoch weitgehend auf die Literatur im Westen und Osten Deutschlands beschränken.

Im 18. Jahrhundert, dem Jahrhundert der Aufklärung, des Sturm und Drang, der Klassik, wurde von Dichtern und Den­kern vor allem ein Kampf um Ideen ausgetragen. Später, vor dem Hintergrund der Befreiungskriege, ging es auch um die Frage einer deutschen oder weitbürgerlichen Literatur. Gotthold Ephraim Lessingließ zum ersten Mal bürger­liche Menschen in einem Trauerspiel auftreten und die Ide­ale der Humanität preisen. Johann Gottfried Herder ent­wickelte in Riga Vorlesungen von einer neuen national-deu­tschen Literatur. Goethe und Friedrich Schiller gelten als die deutschen Klassiker, die deutschen Dichter schlechthin. Über ein halbes Jahrhundert lang be­stimmte ihr Kunstideal, eine zu strenger Form gebändigte Harmonie von Ich und Welt, Gefühl und Verstand, das litera­rische Schaffen in Deutschland.

Sturm und Drang hieß die Literaturepoche vor der Klassik. Das Erlebnis der Natur und der moralisch geführte Kampf gegen Despotismus waren ihr Programm. Das Drama war die angemessene Form dieser Dichtung. Programm war auch der Kampf für persönliche Freiheit, auch für die Freiheit der Liebe gegen den Standesunterschied. In dem Briefromanen «Die Leiden des jungen Werther» von Goethe ist die tragische Liebe Werthers zu einer verheirateten Frau nie­dergeschrieben, die mit dem Selbstmord des jungen Mannes endet. Werther trägt autobiographische Züge.

Die Tragödie «Faust» gilt als das eigentliche Hauptwerk Goethes, an dem er bis zu seinem Tode gearbeitet hat. Es ist das Drama eines nach Erkenntnis und Erfüllung ster­benden Menschen, der für sogar den Pakt mit dem Teufel wagt.

Schillers Dramen thematisieren die Spannung zwischen Ideal und das Bemühen um Freiheit und Menschenwürde. In «Don Carlos» tritt Marquis Prosa für Freiheit und Men­schlichkeit ein, ist jedoch in der Realität zum Scheitern verur­teilt. Schillers tragische Weltsicht wird Gestalt in «Wallen­stein», «Maria Stuart», «Wilhelm Teil» oder «Die Jungfrau von Orleans». Diese Dramen übten im 19. Jahrhundert ei­nen nachhaltigen Einfluss aus, nicht nur auf das geistige Leben in Deutschland, auch auf die Literatur in den roma­nischen und angelsächsischen Ländern.

Die Dichter der Romantik strebten ganz unterschiedli­chen Idealen nach. Viele waren erfüllt von patriotischen Streben. Die Jenaer und Heidelberger Romantiker schworen den Idealen der Aufklärung ab - sie wollten die Welt nicht verbessern, sondern vergeistigen, poetisieren. Innerlichkeit, rückwärts gewandte Verklärung des Mittelalters und roman­tische Sehnsucht nach Volkstümlichkeit wetteiferten mit dem Bestreben, sich neue Welten, neue Grenzen zu erschließen. So entstanden die Sammlungen heimischen Volksgutes wie Lieder, Märchen und Sagen durch Clemens Brentano, Achim von Arnimund die Brüder Grimm;ihr Widerhall war groß und wirkte lange nach: Noch Georg Büchner nimmt in seine ironisch-realistischen Dramen Märchenerzählungen auf, und Heinrich Heinesin Deutschland meistzitiertes Ge­dicht «Lorelei», er zählt ein sagenhaftes Motiv vom Rhein. Es entstanden in dieser Zeit aber auch die großen Übertra­gungen von Werken der Weltliteratur. Berühmt wurden die Übersetzungen von Shakespeare und Cervantes durch Ludwig Tieck und die Brüder Schlegel; sie regten zu zahlrei­chen weiteren Übertragungen großer Werke an, aus roma­nischen und altnordischen Sprachen, später aus orientali­scher und indischer Literatur,

Die deutschen Erzähler des 19. Jahrhunderts werden auch heute noch gelesen: Theodor Storm, Theodor Fontane. Thomas und Heinrich Mann gehören im 20. Jahrhundert zu den großen. Werke von Rainer Maria Rilke, Gottfried Benn, Hermann Hesse und Bertolt Brecht sind in jeder Buchhandlung vorrätig. In den zwölf Jahren der nationalsozialistischen Diktatur gingen viele deutsche Autoren ins Exil: In Marseille schrieb Anna Seghers auf, wie Verfolgte verzweifelt versuchen, aus dem nazibeherrschten Europa herauszukommen («Tran­sit»), in Dänemark analysierte und beklagte Bertolt Brecht die «finsteren Zeiten», in den USA entstand Thomas Manns «Doktor Faustus» - nur wenige Schriftsteller (u.a. Gottfried Benn, Hans Carossa, Ernst und Friedrich Georg Jünger, Erich Kästner, Ernst Wiechert) harrten in der «Inneren Emigration» aus, häufig mit Schreibverbot belegt.

Nach dem Zweiten Weitkrieg versuchte die deutsche Li­teratur einen Neubeginn. Das literarische Vakuum wollten die deutschen Autoren zunächst mit einer starken Anleh­nung an die ausländischen literarischen Tendenzen füllen: Man übte sich im Neurealismus des Amerikaners Ernest Hemingway ebenso wie im Existenzialismus von Jean-Paul Sartre. Von «Trümmerliteratur» war die Rede und der Lite­ratur der «Stunde Null». Radikalstes Beispiel für diese Art der Literatur ist das vom Autor selbst so bezeichnete «Stück, das kein Theater spielen und kein Publikum sehen will»: «Draußen vor der Tür» von Wolfgang Borchert. Hier wie in anderen Werken der Zeit zeigt sich ein großes politisches Engagement; die Schriftsteller, wie Günter Eich, Peter Huchel oder Hans Erich Nossack, sahen ihre Aufgabe darin, mit literarischen Mitteln politisch zu wirken.

In den fünfziger und frühen sechziger Jahren wich diese Haltung weitgehend einem anderen Ansatz. Zwar übten manche Autoren moralisch begründete Sozialkritik; das Unbehagen an den Schattenseiten des wirtschaftlichen Aufstiegs, am Egoismus und Materialismus der Wohlstands­gesellschaft, zeigt sich zum Beispiel im Roman wie «Das Treibhaus» von Wolfgang Koeppen oder in Romanen von Heinrich Böll,der sich gleichzeitig in seinen Kurzgeschichten mit dem Erbe des Nationalsozialismus be­schäftigt. Die Auseinandersetzung mit der NS-Diktatur ist in den 50er und 60er Jahren eines der zentralen Themen deutscher Literatur, so in Alfred Anderschs «Sansibar oder der letzte Grund» oder der «Blechtrommel» von Günter Grass. Viele Schriftsteller besannen sich indessen auf den künstlerischen Kern der Literatur (Uwe Jahnson, Peter Härt­ung); die Sprache selbst wurde zum Thema gemacht. Man sprach ч'оп einer Reprivatisierung der Literatur. Die bedeu­tendsten Dramatiker jener Jahre waren Friedrich Dürren­matt («Der Be such der alten Dame», «Die Physiker») und Max Frisch («Andorra»).

Einen Einschnitt brachten die späten sechziger Jahre. Die Literatur in der Bundesrepublik machte ihre gesell­schaftliche Funktion zum zentralen Thema. Den Anstoss dazu gab vor allem die Studentenbewegung der 68er-Gene-ration: Literatur sollte dem politischen Kampf dienen. Die Lyrik (F.C. Delius, Erich Fried, Yaak Karsunke z.B.), das Dra­ma (Rolf Hochhuth: «Der Stellvertreter», Heinar Kipphardt: «In der Sache J. Robert Oppenheimer», Peter Weiss: «Die Ermittlung») thematisiert zeitgeschnittliche Stoffe oder bringt Alltagsrealität auf die Bühne (

Martin Sperr: «Jagdszenen aus Niederbayern», Franz Xaver Kroetz: «Wildwechsel»). Auch viele Romanciers der sechziger Jahre verstanden sich als politische Autoren, vor allem Heinrich Böll («Ansichten eines Clowns»; «Gruppenbild mit Dame»), Günter Grass («Hundejahre»), Martin Walser («Halbzeit»), Siegfried Lenz («Deutschstunde»), allesamt Angehörige der Gruppe 47, einer «fluktuierenden Gruppierung» von Schriftstellern, die Hans Werner Richter mit dem Ziel gegründet hatte, «die junge Literatur... zu sammeln und zu fördern.

Einige junge Schriftsteller kamen 1947 erstmalig zusam­men, um sich ihre Manuskripte vorzulesen. Daraus wurde die Gruppe 47, für die kommenden zwanzig Jahre der Treff­punkt der bedeutendsten Autoren der deutschsprachigen Literatur. Die lockere Vereinigung unter der Leitung von Hans Werner Richter (gestorben im März 1993) hatte kein literarisches Programm. Sie entwickelte sich dennoch zu einer literarischen und politischen Instanz. Richter lud zwanglos zu den jährlichen Treffen ein, und alles, was Rang und Namen hatte, kam. Die Teilnehmer lasen aus ihren Werken, kritisierten sich und vergaben den begehrten Li­teraturpreis - und nahmen sich genügend Zeit, auch aus­giebig zu feiern.

Das Ende war gekommen, als während des Treffens im Jahr 1967 in einem kleinen fränkischen Städtchen demon­strierende Studenten auftauchten und ihnen politisches Versagen vorwarfen. Kritik kam auch von den Schriftstel­lern Peter Weiss, der sich zum Sozialismus bekannte, Pe­ter Handke und von Martin Walser, der politische Aktion mit literarischer Arbeit verbinden wollte. Mit dem Ende der Gruppe 47 führte die Entwicklung zeitweilig von der Litera­tur weg zum Dokument und zur Reportage.

Die zwei Jahrzehnte, in denen die Gruppe 47 unange­fochten die westdeutsche Literatur repräsentierte, fielen zusammen mit der Zeit des «Kalten Krieges», der Konfron­tation von Ost und West. Die Schriftsteller reflektierten die Teilung des Landes zunächst nicht. Die westliche Literatur wurde im Osten nicht hereingelassen, die östliche ideolo­gische Literatur war im Westen nicht auf dem Markt. Man nahm sich einfach nicht zur Kenntnis. Die einzige Ausnahme war der unbequeme Bertolt Brecht, der ein Dauerthema in beiden Staaten war. Einige aus der Gruppe 47 versuchten trotz der Gegen­sätze, eine deutsche Literatur in zwei deutschen Staaten zu bewahren. Man suchte nach einem dritten Weg. Gemein­sam war aber nur eines, nämlich das Gefühl, gleichermaßen in beiden Staaten unbeliebt zu sein: die Schriftsteller im Westen ohne konkreten Einfluss auf die gesellschaftlichen Zustände, die im Osten unter der Zensur.

In der siebziger Jahren machten viele deutschsprachige Autoren ihr persönliches Dasein zum Inhalt ihrer Publika­tionen (Max Fisch: «Tagebuch»; Wolfgang Koeppen: «Ju­gend»; Thomas Bernhard; «Die Ursache», «Der Atem», «Die Kälte»; Elias Canetti: «Die gerettete Zunge»). Seit Mitte der siebziger Jahre gibt es eine eigene Frauenliteratur (Karin Struck: «Klassenliebe»; Verena Stephan: «Häutungen»; Brigitte Schwaiger: «Wie kommt das Satz ins Meer»), die sich bis heute zu behaupten versucht. In der dokumenta­rischen Literatur überlagern sich politischer Anspruch und Reflexion des eigenen Daseins (Uwe Johnson: «Jahres­tage»; Walter Kempowski: «Tadelloser & Wolf»; Günter Wallraff: «Ganz unten»). Stärker als der Roman sind Lyrik und Dramatik dieser Jahre durch ihre Hinwendung zum All­tag geprägt. Am Ende der achtziger Jahre zeigen Werke der «Altmeister», dass man sich im Literaturbetrieb dieser Jahre, der durch Einladung der Autoren zum Schreiben von Zeitschriftenartikeln und Rezensionen geprägt ist, wohltu­end von den Massenprodukten abheben kann. Heinrich Böll, der 1972 den Literatur-Nobelpreis erhielt, veröffentlicht 1985 «Frauen vor Flusslandschaft», G.Grass 1986 «Die Rättin».

 

Fragen zum Inhalt:

1. Welches werk ist das älteste Zeugnis deutscher Literatur?

2. Womit ist die Literatur des 18. Jahrhunderts gekennzeichnet?

3. Wonach strebten die Dichter der Romantik?

4. Was wissen Sie über die deutschen Erzähler des 19. Jahrhunderts?

5. Wie entwickelte sich die deutsche Literatur nach dem Zweiten Weitkrieg?

6. Womit beschäftigte sich literarische Gruppe 47?

 

Vorlesung 14

Das Musikleben

 

1. Musik und Musiktheater in Deutschland

2. Johann Sebastian Bach

3. Felix Mendelssohn Bartholdy

4. Ludwig van Beethoven

Von Beethoven bis Stockhause, von Claudio Abbado bis Marius Müller-Westernhagen, von der «Zauberflöte» bis zu «Cats», vom großen Konzertsaal bis zum Konzert in der Scheune: Musik liegt in Deutschland immer in der Luft. Viele Großstädte verfügen über eigene Orchester und Opernhäu­ser, im meist jährlichen Turnus finden über 100 lokale oder regionale Musikfestspiele statt. Dirigenten, Orchester und Solisten aus aller Welt schätzen die deutsche Musikszene nicht nur wegen ihrer besonderen Experimentierfreudigkeit.

Die 95 Musiktheater - sie sind heute alle staatlich sub­ventioniert - und 195 Berufsorchester haben zum Teil eine lange Tradition. Das älteste Opernhaus steht in Hamburg und wurde 1678 erbaut. Die modernsten Opernhäuser, die mit aufwendigster Bühnentechnik ausgestattet sind, fin­den sich in Köln und Frankfurt am Main. Berlin hat allein drei Opernhäuser. Architektonische Kostbarkeiten sind das Nationaltheater in München und die Semper-Oper in Dres­den, beides Gebäude im Stil der italienischen Hochrenais­sance.

Viele große Namen der Musikgeschichte sind besonders eng mit zwei Städten verbunden: mit Leipzig (Sachsen) und Wien (Hauptstadt von Österreich). Leipzigs Tradition als Musikstadt gründet sich auf drei Einrichtungen: auf das Gewandhausorchester, den Thoma­nerchor, die älteste musikalische Einrichtung der Stadt, und auf die Hochschule für Musik und Theater. Sie war auf Ini­tiative des Gewandhauskapellmeisters Mendelssohn Bartholdy gegründet worden.

In Leipzig war JohannSebastian Bach(1685-1750) ab 1723 Kantor an der Thomaskirche und Musikdirektor an beiden Hauptkirchen. Er lehrte, leitete den Thomanerchor und war zu seiner Zeit auch ein berühmter Organist. Ein Kan­tor leitet übrigens auch heute noch den berühmten Chor, der die bedeutendste Pflegestätte Bachscher Kirchenmusik ist. Bachs Musik ist eine Zusammenfassung verschiedener abendländischer Traditionen, des protestantisch geprägten Barock wie der Mehrstimmigkeit des Mittelalters («Kunst der Fuge»). Er war der große Lehrmeister für die Musiker nach ihm. Während der 27 Jahre an der Thomaskirche schuf er den größten Teil seiner Orgelkonzerte, Kantaten, Motetten und Choräle sowie die Johannes- und die Matthäus-Pas­sion. Bach war wie Luther durchdrungen vom Geist seiner Zeit, von Schuld und Erlösung. Wie jener war er überzeugt vom satanischen Hintergrund alles Weitlichen. Eher fremd für uns ist auch die Todessehnsucht, die aus allen seinen Werken spricht. Die Mitte des 18. Jahrhunderts - Bach starb 1750 - war gleichzeitig eine Zeitenwende; der Traum von den unbe­grenzten Möglichkeiten menschlicher Vernunft begann. Bach geriet in Vergessenheit, und sein Vermächtnis wurde zunächst wenig beachtet. Erst 1827 setzte mit der Aufführung der Matthäus-Passion in Berlin unter Men­delssohn Bartholdyeine Bach-Bewegung ein. 1850, genau hundert Jahre nach seinem Tode, gründeten Robert Schu­mannund Franz Lisztdie Bach-Gesellschaft.

 

Auch im 19. Jahrhundert war Leipzig das musikalische Zentrum. Felix Mendelssohn Bartholdy wurde als Sohn eines wohlhabenden Bankiers 1809 in Hamburg geboren (1847 in Leipzig gestorben) und hatte das Glück, von jung an gefördert zu werden. Er genoß eine umfassende Ausbil­dung und wurde ein Mann von Welt. Schon früh entwickelte er seinen musikalischen Stil, der klassisches Maß mit ro­mantischer Empfindung verband. Goethe erlebte ihn als Zwölfjährigen und äußerte sich über sein Können mit Wohl­wollen. Nach der Düsseldorfer Zeit als Musikdirektor, Diri­gent und Kapellmeister wurde er 1835 Direktor der Leipziger Gewandhauskonzerte. Ergründete in Leipzig das Konserva­torium, an dem auch Robert Schumann als Lehrer tätig war. Robert Schumann (1810-1856), Sohn eines Buchhänd­lers und Verlegers in Zwickau, war Romantiker durch und durch: eine unruhige, zweispaltige Natur, die sich zwischen rauschhaftem Schaffendrang und abgrundtiefer Depression bewegte. Sein großes Vorbild war Franz Schubert. Er hei­ratete Clara Wieck, die Tochter seines Klavier- und Kompo­sitionslehrers. Sie erlangte als Pianistin Weltruhm und war auch selbst eine begabte Komponistin. Eine herzliche Freundschaft verband beide mit Felix Mendelssohn Bartholdy. Robert Schumann unterstützte den jungen Brahms, dessen Genie er früh erkannte. Nach langen Leidensjahren starb er in geistiger Übernachtung.

 

Beethoven (1770 Bonn - 1827 Wien) verfasste 1802 in Wien sein «Heiligenstädter Testament». Verzweiflung und Trotz gegen die beginnende Taubheit sprechen aus den Zeilen. Er dachte an den Tod, aber der Künstler Beethoven gewann und nahm das Schicksal an. Goethe lernte ihn 1812 kennen und bewunderte seine Musik. Als Mann des Hofes war der Dichter aber abgestoßen von dem ungestümen - heute würde man sagen unangepassten - Wesen des Meisters. Mozart und Haydn, zusammen mit Beethoven, waren bestimmend für die Instrumentalmusik in der Welt auf die Dauer von über hundert Jahren.

 

Fragen zum Inhalt:

1. Was können Sie über Musikleben in Deutschland erzählen?

2. Wie viele Musiktheater in Deutschland sind heute staatlich sub­ventioniert?

3. Mit welchen zwei Städten sind viele große Namen der Musikgeschichte besonders eng verbunden?

4. Wann und wo wurde Johann Sebastian Bach geboren?

5. Wie charakterisiert man Bachs Musik?

6. Wann und wo wurde Felix Mendelssohn Bartholdy geboren?

7. Welchen musikalischen Stil entwickelte er?

8. Welche Rolle spielte Ludwig van Beethoven für kulturelles Leben Deutschlands?

 

 

Vorlesung 15

Kulturelles Leben Deutschlands: Film, Theater, Ausstellung

1. Der Film

2. Das Theater

3. Die Ausstellung




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